Heuschrecken

Heuschrecken werden wie Tagfalter zur naturschutzfachlichen Bewertung herangezogen. Aufgrund ihrer relativ leichten Erfass- und Bestimmbarkeit, der übersichtlichen Anzahl von Arten und der vergleichsweise genauen Kenntnis ihrer ökologischen Ansprüche eignet sich diese Artengruppe sehr gut als Indikator.
Der große Wissenszuwachs auf dem Gebiet der Heuschreckenkunde in den letzten 20 Jahren führte dazu, dass anhand des Artenspektrums einer Fläche recht genaue Einschätzungen zu Lebensraumparametern und anthropogenen Beeinträchtigungen vorgenommen werden können. Da sich die Verbreitung des Großteils der Arten auf Offenlandschaften konzentriert, kann dieses Wissen um die ökologischen Valenzen der Arten sehr gut für Fragestellungen des Biotopmanagements und der Landschaftsnutzung bzw. -pflege herangezogen werden.
Im Projektgebiet konnten 33 verschiedene Heuschreckenarten erfasst werden.

Rotflüglige Schnarrschrecke (Foto: J. Gombert)
(Foto: J. Gombert)
Die Hinterflügel dieser Art weisen eine intensive rote Färbung auf (Foto: J. Gombert)

Rotflüglige Schnarrschrecke (Psophus stridulus)

Dieser Art wurde in vier der acht Kerngebiete nachgewiesen. Das Projektgebiet liegt an der Nordwestgrenze des Verbreitungsareals. In Thüringen gilt die stark gefährdete Art als mäßig häufig und besitzt mit der Rhön und den Meininger Kalkplatten, dem Mittleren Saaletal bei Jena und dem nördlichen Vorland des Thüringer Waldes ihre Verbreitungsschwerpunkte. Demnach besitzen die Vorkommen im Projektgebiet eine wesentliche Bedeutung hinsichtlich des langfristigen Schutzes der Art in Thüringen.

Bei der Mehrzahl der aktuellen Fundorte konnten maximal 20 Tieren nachgewiesen werden, eine Ausnahme mit höheren Individuendichten bildet der Südhang der Hohen Geba. Besiedelt werden überwiegend südexponierte, leicht bis mäßig verbuschte Kalkmagerrasen, die eine lückige Vegetationsdecke aufweisen und beweidet werden. Nach KÖHLER et al. (2001) stellen rigorose Entbuschungsmaßnahmen den Fortbestand der Art ebenso in Frage wie ausbleibende Nutzung bzw. Pflege der Lebensräume. Nach den Entbuschungsmaßnahmen am Nordhang der Kleinen Geba bei Stepfershausen konnten dort auch zahlreiche Individuen nachgewiesen werden.

Wanstschrecke (Polysarcus denticauda)

Wanstschrecke (Foto: J. Gombert)
(Foto: J. Gombert)

Die Wanstschrecke wurde 1990 im bayerisch-thüringischen Grenzgebiet erstmals für den Freistaat Thüringen nachgewiesen (DÜRER & WEID 1990). Neben den Vorkommen in Thüringen, besitzt die Art in Deutschland nur noch Vorkommen im benachbarten bayerischen Grabfeld und im Allgäu (SCHLUMPRECHT & WAEBER 2003) sowie in der Schwäbischen Alb (DETZEL 1998). Die starke Isolation der Vorkommen am nördlichen Arealrand begründet die starke Gefährdung der fluguntüchtigen Art nach Veränderung des artspezifischen Lebensraumes infolge von Nutzungsänderung oder Ähnlichem. 
Die aktuellen Funde der Art im PG gelangen ausschließlich auf einer Fläche (spät gemähte langgrasige Schwingel-Knaulgraswiese auf eher trockenem Standort) westlich des Wunschberges, weshalb die Art zu den seltensten des Projektgebietes zählt. Die geringe Nachweisfrequenz der Art lässt vermuten, dass in der Thüringer Rhön in den vergangenen Jahren ein starker Lebensraumverlust zu beklagen ist.

Für diese Art sind im Projekt spezielle Artenschutzmaßnahmen vorgesehen.

 Maßnahmenvorschläge:

Infolge des frühen Auftretens der Art (Imaginalzeit von Mitte Mai bis Mitte August mit Schwerpunkt im Juni), der nicht vorhandene Flugfähigkeit sowie der starke Bindung an vertikale Vegetationsstrukturen (bei Mahd erfolgt die Abwanderung der Tiere in randliche Säume) können nach MAAS et al. (2002) folgende Kriterien für die Eignung einer Fläche als Wanstschrecken-Lebensraum formuliert werden:

  • höchstens ein- bis zweimalige Mahd der Wiesen
  • Erstmahd nicht vor Mitte bis Ende Juli
  • keine oder nur geringe Düngergabe
  • Erhalt von Randstreifen und schütter bewachsenen Bereichen
  • Verhinderung der Verfilzung brachgefallener Flächen