Schäfereiliche Maßnahmen

 

Tradition: Schafhaltung in der Rhön

Schafherde beweidet Kalk-Magerrasen an der "Kleinen Geba" (Foto: P.Ludwig)

In Thüringen erfolgte die Haltung der Schafe vorwiegend in Bauern- und Gutschäfereien. Letztere verfügten über eigene Schäfer. Die Bauern wiederum schlossen sich zu Schafhaltevereinen zusammen, um in der Hauptvegetationsperiode die Futternutzung der Schafe auf der Weide zu organisieren. So konnte ein Schäfer die Schafe in einer Herde innerhalb der Flur eines Dorfes hüten. Im Winter waren die Schafe in den Ställen der Eigentümer.

Mit der Gründung der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) Ende der fünfziger und Anfang der sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts wurde die Schafhaltung vorwiegend in genossenschaftlichen Herden organisiert. Die Schäfer waren Mitglieder der LPG. Daneben gab es zahlreiche individuelle Schafhalter. In der Weidesaison wurden die privaten Schafe den genossenschaftlichen Herden angegliedert oder in gesonderten Herden von einem Schäfer auf genossenschaftlichen Flächen gehütet. Im Winterhalbjahr waren die Tiere in den Ställen ihrer Besitzer. Mit der Wiedervereinigung und den daraus resultierenden neuen Marktordnungsverhältnissen verschlechterten sich die Absatzbedingungen für Produkte aus der Schafhaltung dramatisch. Infolgedessen verringerten sich die Schafbestände deutlich.

Schafe für den Naturschutz

Durch die neue Schafherde fand ein junger Schäfer in der Rhön einen Job bei einer Agrargesellschaft (Foto: S. Casper-Zielonka)


In Untersuchungen zur Bedeutung der Wanderschäferei für den Artenaustausch zwischen isolierten Kalkmagerrasen und -brachen in der Schwäbischen Alb (Fischer et al. 1995) erwiesen sich wandernde Schafe als wichtiges Transportmittel zahlreicher Tier- und Pflanzenarten zwischen den einzelnen Weideflächen.

Für den Transport von Diasporen stellt das Fell das bedeutsamste Medium dar. Sind die Diasporen erst einmal in das Fell gelangt, können sie über Monate transportiert und somit über den gesamten Aktionsraum der Schafe verbreitet werden. Aber auch in den Hufen sowie im Verdauungstrakt der Tiere werden zahlreiche Pflanzenarten befördert. So konnten während 16 Felluntersuchungen auf nur einem Schaf 8.500 Diasporen von 85 Gefäßpflanzenarten festgestellt werden. Um diesen Effekt optimal auszunutzen, wurden im Zuge des Naturschutzgroßprojektes „Thüringer Rhönhutungen“ diverse schäfereiliche Maßnahmen getroffen:

Herdenerweiterung

Zwei bestehende Herden werden um jeweils 200 bzw. 300 Tiere erweitert. Zusätzlich wird eine neue Herde mit 500 Tieren gebildet. Die drei Herden wurden 2009 um 130 Ziegen und hochwertige Zuchtböcke ergänzt.

Ziel der Herdenerweiterung ist der Ausgleich vorhandener Pflegedefizite sowie die Gewährleistung der Pflege bei Flächenerweiterungen.

Zusätzlich wurde die Erweiterung der Schafherden mit Ziegen fortgesetzt (Foto: LPV)
Ziegen erhöhen den Verbissdruck auf die Gehölzsukzession (Foto: LPV)

Bau eines Schafstalles

Im Jahr 2006 wurde in Herpf ein moderner Schafstall erbaut. Dieser ist das Winterdomizil für die neu gebildete Schafherde mit 500 Tieren.

Einige Schafe durften zur Eröffnungsfeier im neuen Stall "Probewohnen" (Foto: LPV)
Die Stalleinweihung stieß auf reges öffentliches Interesse und zahlreiche Gäste wohnten dem Ereignis bei (Foto: LPV)

Installation von Tränkensystemen

Das Vorhandensein von gut erreichbaren Tränken ist eine Grundvorraussetzung für die Hüteschafhaltung und die Fraßleistung der Tiere. Gleichzeitig wird mit dieser Maßnahme ein Beitrag zum Biotopschutz geleistet. Quell- und Feuchtgebiete werden durch die Tränkeinrichtungen geschont und nicht durch Trittschäden beeinträchtigt. Zusätzlich verringert sich so die Gefahr von Huferkrankungen bei den Tieren. 

Im Jahr 2009 wurde der Bau und die Sanierung von Tränkanlagen weitestgehend abgeschlossen. 25 der geplanten 26 Tränkanlagen konnten erneuert werden.

Um die Aufenthaltsdauer der Schafe im Beertal bei Fischbach (KG3) zu erhöhen, wurde hier 2009 eine Tränkanlage errichtet. (Foto: LPV)
Schafherde an der sanierten Tränkeinrichtung mit Sandsteinbecken auf der Lühr. (Foto: LPV)

Wiederherstellung von Triebwegen und Bau eines Übertriebs über die Fulda

Verbuschte Triebwege müssen wieder durchgängig gemacht werden. Außerdem sorgt ein Übertrieb für die sichere Überquerung des Flusses Felda während des Frühjahrshochwassers. So können weite Umwege entlang befahrener Straßen vermeiden werden.

Von nun an kann die Schafherde die Felda sicher überqueren, um Weidegebiete auf der anderen Seite zu erreichen. (Foto: LPV)

Transportables Zaunmaterial und Klauenbäder

Um die Bedingungen für die Schäfer zu verbessern, wurden transportable Klauenbäder angeschafft. Zusätzlich wurde transportables Zaunmaterial zur Verfügung gestellt, um die Ausgrenzung sensibler Bereiche zu erleichtern und um durch das Koppeln der Tiere den Beweidungsdruck auf entbuschten Flächen vorrübergehend erhöhen zu können.